top of page
  • LinkedIn

KI und die Arbeitswelt - Teil 1: Veränderungen von Aufgaben und Rollen

Künstliche Intelligenz (KI), insbesondere generative Modelle wie ChatGPT, hat in kurzer Zeit den Arbeitsalltag vieler Unternehmen erreicht. Laut McKinsey beabsichtigen ~90 % der Unternehmen, ihre KI-Investitionen in den kommenden drei Jahren zu erhöhen. Gleichzeitig schätzt aber nur etwa 1 % der Führungskräfte ihre Organisation derzeit als „KI-reif“ ein, d. h. KI ist voll in Abläufe integriert. Die Ausgangslage ist also gekennzeichnet von großer Erwartungshaltung bei relativ frühem Reifegrad. Entsprechend stellt sich die Frage, wie sich das Arbeiten in Unternehmen in den nächsten zwei bis drei Jahren verändern wird, wenn KI breiter zum Einsatz kommt.


Fakt ist: KI-Technologie entwickelt sich rasant weiter und wird immer zugänglicher. 2024 nutzten bereits ~80 % von internationalen Organisationen irgendeine Form von KI - ein sprunghafter Anstieg von 55 % im Jahr davor. Unternehmen stehen am Scheideweg einer umfassenden Transformation, die alle Bereiche des Arbeitens berührt: Aufgaben und Rollen, Prozesse und Strukturen, Führung und Weiterbildung. Dieser Artikel beleuchtet in sachlicher Perspektive die wichtigsten erwartbaren Veränderungen und Handlungsfelder, basierend auf aktuellen Quellen aus 2024 und 2025 (u. a. Studien von BCG, McKinsey, MIT, Stanford, OECD sowie Äußerungen namhafter CEOs).


Im Mittelpunkt steht eine generalistische Betrachtung:

Welche Verschiebungen zeichnen sich ab, wo liegen Chancen und Risiken?

Und was sollten Unternehmen jetzt tun, um sich vorzubereiten?



Teil 1 - einer mehrteiligen Blog Post Serie:

Veränderungen von Aufgaben und Rollen


KI verspricht, Routineaufgaben und repetitive Tätigkeiten künftig verstärkt zu automatisieren. Gerade administrative Bürokratie oder Datenerfassung kann KI-Systemen überlassen werden, wodurch Mitarbeitenden mehr Zeit für höherwertigere Aufgaben bleibt. Eine BCG-Umfrage unter Führungskräften ergab, dass über 60% der Unternehmen bereits beginnen, Generative KI (GenAI) gezielt einzusetzen, um ihre Organisation und Arbeitsabläufe neu zu gestalten. Ein zentraler Hebel dabei ist, lästige Routinearbeit („drudgery of work“) zu reduzieren, damit Mitarbeitende sich auf interessantere Tätigkeiten konzentrieren können. Erste Erfahrungen zeigen: Wenn KI z. B. fünf Stunden Routinearbeit pro Woche abnimmt, nutzen Beschäftigte die gewonnene Zeit, mehr oder neue Aufgaben zu übernehmen (zusammen ~80 % der Befragten), mit den KI-Tools zu experimentieren (~40%) oder strategische Projekte voranzutreiben (ebenfalls ~40%). KI entlastet also von monotonen Tasks und ermöglicht es, smarter zu arbeiten statt nur mehr zu arbeiten.


Jobprofile und Rollenbilder werden sich dadurch wandeln. Viele bestehende Jobs werden nicht verschwinden, aber sich inhaltlich verschieben: KI übernimmt bestimmte Teilaufgaben, während menschliche Arbeit stärker in Richtung komplexer, kreativer oder zwischenmenschlicher Tätigkeiten gedrängt wird. Laut einer MIT-Studie sind Aufgaben, die auf menschlichen Fähigkeiten wie Empathie, Urteilsvermögen, ethischer Einschätzung oder kreativer Hoffnung basieren, am wenigsten durch KI zu ersetzen. Mit anderen Worten: Was Maschinen (vorerst) nicht gut können, z. B. Führung von Mitarbeitergespräche, kreative Strategieentwicklung, Kundenbeziehungspflege - gewinnt für menschliche Rollen an Gewicht, während standardisierbare Analysen oder Routineentscheidungen automatisiert werden könnten.


Neu ist, dass KI inzwischen auch hochqualifizierte Wissensarbeit tangiert, nicht nur einfache Routinejobs. „AI feels different because it threatens to replace capabilities deeply connected to our cognitive ability“, schreiben Forscher Loaiza und Rigobon. Frühere Automatisierungswellen trafen vor allem geringer qualifizierte Tätigkeiten, doch Generative KI kann Entwürfe schreiben, Code generieren oder Probleme lösen - Aufgaben quer über alle Qualifikationsstufen. Das heißt, auch klassische Bürojobs und akademische Berufe werden durch KI-Tools ergänzt (und teilweise umgekrempelt), nicht mehr nur Fabrik- oder Verwaltungsjobs. Entsprechend erwarten heute bereits viele Angestellte eine erhebliche Automatisierung: In einer McKinsey-Studie glauben Mitarbeitende drei Mal häufiger als ihre Chefs, dass KI innerhalb eines Jahres 30 % ihrer Arbeit übernehmen wird. Diese Diskrepanz zeigt, dass die Belegschaft die Auswirkungen direkt spürt und zum Teil sogar vor dem Management auf breiter KI-Nutzung setzt.


Neue Rollen entstehen: Parallel zum Wegfall gewisser Routinetätigkeiten sehen wir die Entstehung neuer Berufsprofile rund um KI. Über die Hälfte der CEOs gibt an, dass ihr Unternehmen aktuell für KI-bezogene Stellen anwirbt, die es vor einem Jahr noch gar nicht gab. Beispiele sind KI-Spezialisten, Data Scientists/Engineers oder Ethik-Beauftragte für KI. Diese Rollen unterstreichen, dass KI-Technologie zusätzliche menschliche Expertise erfordert - sei es, um die Systeme zu entwickeln, zu steuern oder verantwortungsvoll einzusetzen. Veränderung bedeutet also nicht nur Wegfall, sondern auch Zuwachs an Aufgaben.


Dennoch besteht die Gefahr struktureller Verschiebungen am Arbeitsmarkt, insbesondere bei einfachen oder einsteigerorientierten Tätigkeiten. Erste Trends deuten darauf hin, dass KI vor allem die ersten Ebenen substituiert: So berichten Unternehmen, dass ein erfahrener Mitarbeitender mit KI-Unterstützung heute oft den Output liefern kann, für den früher zusätzlich ein Junior-Teammitglied nötig war. KI übernimmt, was Berufsanfänger früher getan haben, so brachte es eine Analyse der VC-Firma SignalFire auf den Punkt. Die Konsequenz: Einige Einstiegspositionen könnten seltener werden und von Berufseinsteigern wird tendenziell erwartet, schneller anspruchsvollere Fähigkeiten mitzubringen. Tech-CEOs warnen sogar vor massiven Arbeitsplatzverlusten in Teilbereichen: Dario Amodei (Anthropic) etwa prognostizierte 2025, dass KI binnen fünf Jahren bis zu 50 % der Einstiegsjobs in Büros eliminieren könnte, wenn Wirtschaft und Politik nicht gegensteuern. Er fürchtet sprunghaft steigende Arbeitslosigkeit (10–20 % mehr) und kritisiert, man dürfe die Risiken nicht schönreden, sondern müsse sich ehrlich vorbereiten. Auch wenn diese Einschätzung sehr pessimistisch ist und nicht alle Experten sie teilen, verdeutlicht sie das Ausmaß des möglichen Umbruchs.


Frühere Technologien haben unter dem Strich nicht zu Massenarbeitslosigkeit geführt. So stellte die OECD fest, dass in den letzten Jahrzehnten trotz aller Automatisierung die Beschäftigung in ihren Mitgliedsländern insgesamt gestiegen ist. Automatisierung vernichtet zwar bestimmte Jobs, schafft aber anderorts neue und verändert viele. Bislang glichen sich Verlust und Gewinn weitgehend aus. Ob dieses Mal alles anders kommt, bleibt abzuwarten. Entscheidend wird sein, wie gut der Übergang gelingt: Unternehmen sind gefordert, ihre Mitarbeitenden aktiv in neue Aufgaben zu überführen. Dann kann KI dazu beitragen, dass Jobs attraktiver werden und Tätigkeiten mit mehr Fokus auf das, was Menschen gerne tun und gut können.



In den nächsten Wochen folgen:

Organisation, Governance, Leadership, Upskilling und die lernende Organisation




Quellen: Die vorliegenden Einschätzungen stützen sich auf aktuelle Untersuchungen und Aussagen (Stand 2024/2025), u. a. von BCG, McKinsey, MIT Sloan/Stanford, OECD sowie Stimmen aus der Wirtschaft (z. B. Amazon-CEO Andy Jassy, Anthropic-CEO Dario Amodei). Diese Quellen zeichnen ein konsistentes Bild: KI wird die Arbeitswelt spürbar verändern, aber mit dem richtigen strategischen Vorgehen können Unternehmen diesen Wandel erfolgreich und zum Wohl von Mensch und Wirtschaft gestalten.

 
 
bottom of page